SÜNDE SCHULD REINIGUNG | 15.09. - 13.10.2019



SÜNDE SCHULD REINIGUNG

Videotriptychon im Waschsalon von Timo Schuster

15.09. - 13.10.2019.

Ein Jubiläumsprojekt zu 30 Jahren INDUSTRIETEMPEL

 

 

Vernissage:

So. 15.09.2019, 19 Uhr

Mit Kirchenmusik von Hyunjoo Shin

Eröffnungssrede: Pfarrerin Dr. Maibritt Gustrau

 

 

Eco-Waschsalon

Seckenheimerstrasse 11

68165 Mannheim

Täglich von 06 - 23 Uhr

 

 

Timo Schuster

timoschuster.com

 


 

SÜNDE SCHULD REINIGUNG

Video-Triptychon im Waschsalon von Timo Schuster

 

Ein Jubiläumsprojekt zu 30 Jahren INDUSTRIETEMPEL außergewöhnliche Projekte für außergewöhnliche Orte seit 1989

 

 

SÜNDE:

Mara Luka, Schauspielerin

Timo Schuster, Regie + Kamera

 

SCHULD :

Fred Garay, Schauspieler

Timo Schuster, Regie +Kamera

 

REINIGUNG:

Anonym, Schauspielerin

Timo Schuster, Regie

Ira Konyukhova, Kamera

 

Audio:

Tobias Gelbert, Gedichte + Sprecher

Juergen-Matthias Seeler, Sprecher

 

Texte:

SÜNDE SCHULD REINIGUNG I - Andre Böhlig (Psychologe, Berlin)

SÜNDE SCHULD REINIGUNG II - Arabella Jonescheit (Kunsthistorikerin, Mannheim)

Priming for Heaven... - Ana Negoita (art historian, Bukarest)

SÜNDE SCHULD REINIGUNG III - Dr. Maibritt Gustrau (Pfarrerin Mannheim)

SüSchuRei - (Anonym, Polyamorist, Berlin)

Ein Märchen, das kein Märchen mehr sein will - Lena Brunk (Feministin, Berlin)

 

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PRESSE

 

MANNHEIMER MORGEN

Kultur/Kunst

31 / 02. Oktober 2019

 

Berliner Künstler zeigt Bewegtbild-Triptychon in Mannheimer Waschsalon / Auseinandersetzung mit den Begriffen Sünde, Schuld und Reinigung - von Lea Seethaler

 

Gesellschaftskritik im Schleudergang

 

Eine Frau sitzt auf einer Bank. Sie trägt ein weißes Kleid. Dazu Highheels. Sie räkelt sich: lasziv, verführerisch. Schlägt ihre Beine übereinander. Plötzlich fixiert sie einen mit ihrem Blick: Doch sie ist nur eine Projektion. Unecht. Ein T eil einer Videoinstallation.
Projiziert ist sie an eine Wand mitten in Mannheim. Dort hat Künstler Timo Schuster im Eco-Waschsalon in der Seckenheimerstraße ein
Video-Triptychon installiert. Dessen Name lautet „Sünde Schuld Reinigung“. Öffnet der Waschsalon, öffnet auch diese (unkonventionelle) Kunstausstellung. Und das noch bis 13. Oktober.


„Die drei Begriffe ‚Sünde Schuld Reinigung’ wiegen in unserer Gesellschaf schwer“, findet Schuster.
Diskutieren, anregen; auch erreichen, dass man sich über diese so omnipräsenten Wörter eine Meinung bildet- das will der Künstler.
Die Frau im weißen Kleid hat er gewählt, weil er es auffallend findet, „dass die Frau – auch i m religiösen Kontext – oft mit der Sünde in Verbindung gebracht wird.“ „Welche Muster in der Gesellschaft sind überholt und müssen wir anders denken. Welche müssen wir aufbrechen?“, fragt der Berliner mit seinem Werk den Betrachter.

 

Pfarrerin hält Eröffnungsrede

Zur Ausstellungseröffnung ist auch Pfarrerin Maibritt Gustrau gekommen. „Spannend“, findet sie es, wenn sich „zwischen Kunst und Kirche Schnittmengen ergeben“. Sünde, Schuld und Reinigung spielten eine große Rolle im christlichen Menschenbild, sagt die Pfarrerin der Christuskirche bei ihrer Rede. Dass die Kunst jetzt an diesem Ort die Menschen zum Debattieren über genau diese Worte anregt, fasziniert Gustrau. Einige Fragen wirft sie dann selbst auf: „Kommt die Sünde von außen? Vom Innern des Menschen? Verführt uns jemand zur Sünde?“ fragt sie in den Raum. „Sind wir ihr ausgeliefert? Oder ist sie eine Konstruktion?“ Wie auch immer: Für Gustrau steht fest, dass es wichtig ist, „dass – auch außerhalb der Kirche – über diese Begriffe diskutiert wird.“

 

Und ja, die Diskussionen über das Triptychon sind bei den Besuchern in vollem Gange. Die „Schuld“ ist dargestellt als ein Mann, der mit Engelsflügeln in einem ,Waldstück Erde über sich wirft. „Reinigung“ wiederum ist eine Frau mit nackten Brüsten, die in ein tiefes undurchsichtiges Gewässer ab- und wieder auftaucht. Verwirrte Passanten bleiben stehen, treten aber aus Neugier ein, schauen – und

diskutieren mit. Zudem sind Texte im, Waschsalon ausgelegt:

Da schreiben Psychologen, Feministinnen, Polyamoristen – und geben Einblick in ihre Sichtweise zu den Begriffen. Organisiert hat alles
das Künstlerkollektiv „Industrietempel“– als Jubiläumsprojekt zum 30-jährigen Bestehen.

 

Von 6-23 Uhr können Neugierige im Eco-ExpressWaschsalon (Seckenheimerstraße 11) täglich vorbeischauen und dabei ihre Wäsche (und vielleicht i hre Sünden)reinwaschen.

 

 

DIE RHEINPFALZ
Ludwigshafen: Kultur Regional

NR. 217, 17. September 2019

 

Einmal durchgeschleudert

Kunst im Waschsalon: Timo Schusters Videoinstallation in Mannheim

VON NICOLE SPERK

 https://www.rheinpfalz.de/lokal/ludwigshafen

 

Ein Waschsalon ist ein faszinierender Ort. Ein öffentlicher Ort, an den Menschen das Intimste tragen, ihre schmutzige Wäsche. Aus den unterschiedlichsten Gründen: weil sie kein Geld oder keinen Platz für eine Waschmaschine haben, weil sie auf der Reise sind oder einsam allein zu Hause. In einem solchen Waschsalon in Mannheimstellt der aus Ludwigshafenstammende Foto- und Videokünstler Timo Schuster gerade sein Triptychon „Sünde Schuld Reinigung“ aus.

 

Die alte Dame ist verzweifelt. Irgendwo zwischen Wasch- und Schleudergang hat ihre Waschmaschine zu Hause den Geist aufgegeben. Also hat sie die nasse Wäsche eingepackt und ist zum Waschsalon gelaufen, um sie zu Ende zu schleudern. Aber reines Schleudern ohne vorheriges Waschen, ist nicht vorgesehen. Die 2,50 Euro, die sie in einen Automaten geworfen hat, damit sich die Maschine überhaupt, in Gang setzt, sind weg. Die alte Dame muss nun eine Dreiviertelstunde warten, bis ihre Wäsche noch einmal gewaschen ist. Und geschleudert.

 

„2,50 Euro weg für Schleudern“, murmelt sie auf einer Fensterbank sitzend, Fassungslosigkeit ist aus jeder Silbe herauszuhören. Szenen wie diese würde Timo Schuster nicht erleben, wenn er seine Videoinstallation in einem Museum oder einer Galerie zeigen würde. Und genau das gefällt ihm an diesem Ort. „Das ist niedrigschwellig, niedrigschwelliger geht es gar nicht mehr“, sagt der 46-Jährige. „Hier kommt die Straße rein. Das ist faszinierend.“ Natürlich hat er die Hoffnung, dass die Besucher des Waschsalons, wenn sie nicht ohnehin weggehen nach dem Starten der Maschine, den Blick nicht nur auf das zu einembunten Wäschebrei gewordenen Kuddelmuddel aus Socken und Schlafanzughosen richten. Oder auf ihr Handy. Sondern auch mal den Kopf heben und nach oben gucken. Dort können sie dann eine dreiteilige Videoinstallation sehen. „Sünde Schuld Reinigung“ hat Timo Schuster das Triptychon genannt, das an christliche Ikonographie erinnert. Zuerst sieht man eine Frau in weißer Wäsche und mit hohen schwarzen Schuhen, die sich auf einer Bank räkelt.

 

Die Verkörperung der Sünde. Es folgt zum Stichwort „Schuld“ ein Mann mit Flügeln, der einen gefallenen Engel symbolisiert. Und schließlich im dritten Bild eine Frau mit entblößten Brüsten, die sich in einem See von allem Schmutz befreit, vielleicht soll es auch eine Taufe darstellen. „Ich will das gar nicht beantworten“, sagt Schuster. „Ich möchte lieber Fragen aufwerfen.“

 

Und er möchte sich mit seinen eigenen christlichen Wurzeln auseinandersetzen. Im Alter von etwa neun Jahren und zur Zeit der Erstkommunion, erinnert er sich, hat seine klassisch katholische Karriere begonnen: Messdiener, Kinderchor, das ganze Programm. „Mir hat das sehr gut gefallen“, sagt er, „es hat mir gut getan, stillsitzen zu müssen und nicht rumzappeln zu können.“ Er sei zwar – und jetzt kommt ein wirklich erstaunlicher Satz – noch nie ein gläubiger Mensch gewesen. Aber die Kirche als Institution habe ihm schon immer gut gefallen: die Rituale, die Jugendarbeit, die sozialen Projekte, die „große Inszenierung“, die die Katholiken an Ostern veranstalten, mit prachtvollen Blumenarrangements, Weihrauch, Gerüchen. Permanent ein schlechtes Gewissen zu haben und sich schuldig zu fühlen – dieses Gefühl sei in der Gesellschaft tief verwurzelt, meint Schuster. Selbst bei Menschen, die mit Religion nicht so arg viel anfangen können. Nach der Kindheit und Jugend in der Kirche hat Schuster, der in Mundenheim aufgewachsen ist, sich anderen Dingen zugewandt: Er wurde Mitglied des Ludwigshafener Rudervereins, nahm 1990 an der Junioren-Weltmeisterschaft als Ersatzmann teil und kam nach dieser Phase in Kontakt zum Verein Industrietempel, der seit 1989 Kunstprojekte an außergewöhnlichen Orten veranstaltet. Der Verein hat auch jetzt die Ausstellung im Waschsalon möglich gemacht. Schuster lebt zwar – nach Elektrikerlehre bei der BASF und BWL-Studium in Pforzheim – seit 2002 in Berlin. Aber der Kontakt zur Heimat ist sehr intensiv. Im vergangenen Jahr zeigte er im Ernst-Bloch-Zentrum Fotografien von der Walzmühle vor ihrer Umgestaltung.

 

TERMIN

Die Arbeit „Sünde Schuld Reinigung“ ist bis Sonntag, 13. Oktober, täglich von 6 bis 23 Uhr im Waschsalon Eco-Express in Mannheim, Seckenheimer Straße 11, zu sehen.